Erneut hat es in der Region bei
einem Abfallentsorgungsbetrieb gebrannt. Erst vor wenigen Wochen standen in
Bünde Berge von Papier- und Kunststoffmüll in Flammen, jetzt wiederholte sich das unheimliche Schauspiel
im Nachbarkreis Minden-Lübbecke. Auf dem
Gelände des Recyclingunternehmens Tönsmeier in Porta Westfalica waren am
Freitagmorgen (1.07.2011) hunderte Ballen aus gepressten Kunststoffabfällen in
Brand geraten. Eine gigantische, pechschwarze Rauchsäule zog über die Region
hinweg. Landrat Dr. Ralf Niermann rief darauf hin die Großschadenslage aus.
Zeitweise waren bis zu 480 Feuerwehrleute im Einsatz. Unterstützung kam dabei aus dem Kreis
Herford. „Wir konnten unsere in Bünde gesammelten Erfahrungen einbringen“,
sagte Kreisbrandmeister Wolfgang Hackländer.
Um 9:25 Uhr wird der
Kreisleitstelle - sie ist im Gebäude der Feuer- und Rettungswache Minden
untergebracht - das Feuer in Porta Westfalica (rd. 36.000 Einwohner) gemeldet.
Die automatische Brandmeldeanlage des Entsorgungs- und Verwertungsspezialisten
Tönsmeier hat ausgelöst. Das Unternehmen liegt im Ortsteil Lerbeck, in
unmittelbarer Nähe der Bundesstraße 482 und der Hauptbahnstrecke Dortmund - Hannover.
Bereits auf der Anfahrt können die Einsatzkräfte der Feuer- und Rettungswache
Porta und des Löschzugs Neesen-Lerbeck
Rauch und Flammenschein erkennen. Umgehend wird die Alarmierungsstufe
erhöht. Vor Ort ist die Lage dramatisch:
Unzählige Kunststoffballen, die auf eine Größe von ca. 1,30 Meter mal 1,30
Meter gepresst sind, stehen in Flammen. Es handelt sich offensichtlich um
Plastikabfälle aus den „gelben Säcken“, die auf einer Lagerfläche im
Außenbereich meterhoch aufgestapelt sind. Mitarbeiter des Unternehmens
versuchen zunächst noch den Schaden in Grenzen zu halten. Sie rangieren fieberhaft
mit Gabelstaplern umher und können so noch etliche Ballen aus der Gefahrenzone schaffen.
Doch das Feuer hat sich längst zu einem Großbrand entwickelt, dem die Feuerwehr
in der Anfangsphase hilflos gegenübersteht. Denn die Flammen schlagen gut und
gerne bis zu 20 Meter hoch in den Himmel. Außerdem macht die immense
Strahlungswärme den Einsatzkräften zu schaffen.
Aus sicherer Entfernung beginnen die ersten Löschmaßnahmen. Mittlerweile sind alle 14
Löschgruppen aus dem Stadtgebiet Porta Westfalica vor Ort. Sie versuchen die
angrenzende „Produktions-halle 4“ (ca. 2.000 Quadratmeter) zu halten. Trotz
aller Vorsichtsmaßnahmen ziehen sich vier Blauröcke leichte Verletzungen zu.
Verstärkung kommt aus dem
gesamten Mühlenkreis und den angrenzenden Kreisen Herford, Schaumburg (Nds.) und
Osnabrück (Nds.). Gebraucht werden vor
allem Tanklöschfahrzeuge und große Mengen Schaummittel. Denn der Großbrand lässt
sich nur durch eine Materialschlacht bezwingen. Von der Feuerwehrzentrale des
Kreises Herford kommen das Wechselladerfahrzeug mit dem Abrollbehälter Schaum
(4.000 Liter) und der Gerätewagen Atemschutz. Außerdem werden weitere Einheiten
aus dem gesamten Wittekindskreis in Marsch gesetzt. Wenig später stehen rund 50
Mann „aus der Heimat“ mit 14 Tanklösch-, Schlauch- und Gerätewagen im
Bereitstellungsraum in der Nähe der Unglücksstelle und warten auf ihren
Einsatz. Unterstützung kommt auch aus
der Luft. Die Einsatzleitung hat zwei Transporthubschrauber (CH-53) der
Heeresfliegerwaffenschule vom Flugplatz Bückeburg-Achum angefordert. Die
Helikopter sind mit Löschbehältern (5.000 Liter) ausgerüstet, die sie über dem
brennenden Rohstofflager entleeren. Das Wasser entnehmen die Piloten aus den
Teichen in Barkhausen. Zusätzlich kommt die Flughafenfeuerwehr Bückeburg (Nds.)
mit zwei Großtanklöschfahrzeugen. Grund zur Sorge bereitet die starke
Rauchentwicklung. Die Rauchsäule ist noch von der Bielefelder Sparrenburg aus deutlich
zu sehen. Anwohner berichten über einen penetranten Gestank und feinen Ruß, der
vereinzelt vom Himmel „regnet“. Die Bevölkerung wird mit Lautsprecher- und
Radiodurchsagen gewarnt. Später gibt das
Landesamt für Natur, Umwelt- und Verbraucherschutz NRW (LANUV) Entwarnung. Am Abend seien in der Luft keine
erhöhten Schadstoffkonzentrationen mehr messbar gewesen. Das gelte ebenso für
das Löschwasser. Alleine aus „hygienischen Gründen“ sollten Fenster und Türen
weiter geschlossen bleiben, rät ein Vertreter des LANUV. Um die angrenzende Weser zu schützen, werden
Maßnahmen zur Löschwasserrückhaltung eingeleitet. Sandsackbarrieren sollen
verhindern, dass Schaummittel in den
Fluss gelangt.
Der Großbrand hat bundesweite
Auswirkungen auf den Schienenverkehr. So muss die Haupteisenbahnverbindung Köln
– Berlin in der Zeit von 11:30 Uhr bis 16:30 Uhr zwischen Löhne und Minden aus
Sicherheitsgründen komplett gesperrt werden.
Zeitweise ist der Weserauentunnel
wegen der Rauchschwaden nicht passierbar. Auch die Weserschifffahrt und der
Verkehr auf der Autobahn 2 sind beeinträchtigt.
„Erst um 19:30 Uhr wird die Großschadenslage aufgehoben“, sagt
Kreisbrandmeister Wolfgang Hackländer, der als stellvertretender
Bezirksbrandmeister in die örtliche Einsatzleitung eingebunden ist. Die
Löscharbeiten werden jedoch noch die gesamte Nacht hindurch fortgesetzt und
dauern auch am Samstag (2.07.2011) noch an.
Die Schadenshöhe und die Ursache
des Großfeuers müssen jetzt durch Sachverständige geklärt werden. Das Feuer
könnte durch eine chemische Reaktion in einem der „gelben Säcke“ entstanden
sein, so wird bereits spekuliert. Zuletzt hatte es auf dem Gelände der Tönsmeier-Niederlassung
in Porta im Dezember 2010 gebrannt. Damals wurde das Feuer vermutlich durch
ungelöschten Kalk in einer Mulde ausgelöst.
Das Unternehmen Tönsmeier ist mit
mehr als 3.000 Mitarbeitern an 60
Standorten im In- und Ausland tätig. Zum Fuhrpark zählen 900 Lastwagen. Von Jens Vogelsang
Fotos: Feuerwehr Porta Westfalica

Eingesetzte Kräfte aus dem Kreis Herford: |
Kreisfeuerwehrzentrale
WLF (AB Schaum) GW Atemschutz |
Bünde
TLF 24/48 (LG Muckum) |
Enger
TLF 24/50 (LZ Mitte)
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Herford
TLF 24/48 (hauptamtliche Wache) TLF 16/25 SW 2000 (LZ Mitte)
|
Kirchlengern
TLF 16/25 (LG Südlengern) | Hiddenhausen
TLF 24/50 (LZ Eilshausen)
TLF 16/25 (LZ Schweicheln-Bermbeck) |
Vlotho
TLF 24/50 (LZ Mitte)
TLF 16/25 (LG Uffeln) | Löhne
TLF 16/25 (LG Löhne-Gohfeld)
SW 2000 (LG Mennighüffen) | Spenge
TLF 10/06 (Bardüttingdorf)
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